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Tantra

Ein uralter Pfad der Selbstverwirklichung

Eine spirituelle Lehre mit vielen Facetten

In einer Welt, die sich zunehmend für Spiritualität und Selbstverwirklichung interessiert, hat der Begriff “Tantra” Berühmtheit erlangt, oft in Verbindung mit seinem kontroversesten Aspekt, dem tantrischen Sex. Wenn man sich jedoch tiefer mit den Wurzeln des Tantra beschäftigt, entdeckt man eine facettenreiche spirituelle Lehre, die weit über ihre moderne, einseitige Darstellung hinausgeht. Der tantrische Weg umfasst alle Facetten des Lebens, nicht nur die Sexualität. Um vom Wissen dieser antiken Lehre profitieren zu können, müssen wir ihr Wesen und ihren Zweck verstehen.

Ursprung und Essenz des Tantra

Tantra, abgeleitet vom Sanskritwort “tantras”, bedeutet “Schriften”. Diese Schriften sind eine Sammlung jahrtausendealter spiritueller Texte, die tief im tantrischen Buddhismus, Hinduismus sowie in den Lehren der Veden verwurzelt sind und die Grundlage des traditionell überlieferten Tantra darstellen. Im Mittelpunkt der tantrischen Praxis steht jedoch nicht die Verehrung von Gottheiten oder das Befolgen gottgefälliger Praktiken, sondern die aktive Verwirklichung des Göttlichen in jedem Menschen.

Während einige westliche Interpretationen Tantra fälschlicherweise als “Weben” bezeichnen, handelt es sich dabei um ein anderes Sanskrit-Wort, das nur die Schreibweise und die Aussprache gemeinsam hat.

Ziel des tantrischen Pfades

Die genaueste, mir bekannte, Interpretation definiert Tantra als “ein Weg der Selbstentfaltung”. Tantra ist ein System von Praktiken, Prinzipien und Techniken, die darauf abzielen, die eigenen Energien mit den allgegenwärtigen universellen Energien in Einklang zu bringen und damit die Verbundenheit und Wechselwirkung aller Dinge zu offenbaren.

Der Weg des Tantra führt zu der Erkenntnis, dass alles Energie ist und dass es eine unsichtbare, allgegenwärtige Kraft gibt, die alles und jeden in einem Zustand der Einheit verbindet. Dieses Konzept, bekannt als “Hamsa”, drückt die Idee aus, dass wir zwar Individuen sind, aber auch Teil einer größeren Einheit, die oft als “göttliches Bewusstsein” oder “Quelle” bezeichnet wird.

Tantra strebt die Einheit mit dem Göttlichen an

Im Kern strebt Tantra die Einheit mit dem Göttlichen an, die oft als “Nirvana”, “Erleuchtung” oder “Samadhi” bezeichnet wird. Das Besondere am Tantra ist sein lebensbejahender Ansatz. Im Gegensatz zu anderen religiösen oder spirituellen Wegen fordert es nicht den Verzicht auf weltliche Freuden. Stattdessen ermutigt Tantra zu einem bewussten und offenen Umgang mit allen Aspekten des Lebens. Im Gegensatz zu asketischen Traditionen, die den Körper als unrein ansehen, betrachtet Tantra den Körper als heiligen Tempel und als Träger des göttlichen Bewusstseins.

Tantra-Praktizierende glauben, dass sie bereits eins mit dem göttlichen Potential sind, dieses jedoch durch Lebenserfahrung, die in allen Aspekten des Seins (körperlich, geistig, emotional, energetisch) gesucht und praktiziert wird, verwirklichen müssen.

“Es ist ein Irrtum zu glauben, dass wir separate Wesen sind, getrennt und isoliert von der natürlichen Welt. Wir müssen realisieren, dass wir in Wirklichkeit stets miteinander verbundene Fäden im unendlichen Gewebe der Schöpfung darstellen”

Tantra & Yoga

Um Tantra zu verstehen, ist es wichtig, sich mit den Wurzeln des Yoga auseinanderzusetzen. Während viele glauben, dass das moderne Yoga seinen Ursprung in den “Yoga Sutras von Patanjali” hat, muss man sich vor Augen halten, dass diese Texte lediglich vier sitzende Meditationshaltungen enthalten.

Der Einfluss des Tantra auf die Entstehung des Yoga ist meines Erachtens unbestreitbar, da Tantra eine verkörperte spirituelle Praxis fördert, die sich auf die Verbesserung der Kraft und Vitalität des Körpers und des Energiesystems konzentriert. Ein Beispiel dafür sind die frühen Formen des “Kundalini Yoga”, das sowohl tantrische als auch yogische Einflüsse in seine Praxis integriert.

Pfad der rechten & Pfad der linken Hand

Die klassischen tantrischen Lehren sind in zwei Hauptrichtungen unterteilt: Den “Pfad der rechten Hand” und den “Pfad der linken Hand”. Das Tantra der rechten Hand konzentriert sich für gewöhnlich auf Praktiken wie Yoga, Kundalini-Arbeit, Mantra-Rezitation, Fasten, sexuelle Enthaltsamkeit, Yantra-Zeremonien und Pilgerreisen zu heiligen Stätten.

Demgegenüber wendet das Tantra der linken Hand nach heutigen Maßstäben grenzüberschreitende Methoden als radikale Mittel zur Annäherung an das Göttliche an. Dazu gehören sexuelle Praktiken, Blutopfer, die Einnahme bewusstseinsverändernder Substanzen, Alchemie und andere Praktiken, die als magisch oder okkult angesehen werden können.

Meister und Lehrer des Pfades der linken Hand sind schwer zu finden, da sie ihr Wissen in der Regel nicht offen weitergeben. Üblicherweise unterrichten sie ausschließlich kleine und ausgewählte Gruppen, so dass der Pfad der linken Hand in der Öffentlichkeit so gut wie nicht präsent ist.

“Um Sexualität vollständig zu erleben, müssen wir lernen, uns mit uns selbst und unseren Partnern auf einer tieferen Ebene zu verbinden, die über den körperlichen Akt hinausgeht”

Neotantra vs. Traditionelles Tantra

In der modernen Welt existiert neben den traditionellen tantrischen Praktiken auch das Neotantra. Neotantra konzentriert sich in erster Linie auf die Verbesserung der sexuellen Gesundheit und Leistungsfähigkeit durch eine bewusste, spirituelle Herangehensweise an den körperlichen Akt. Dazu gehört eine Vielzahl von Praktiken und Techniken wie Absichtslosigkeit, Kontrolle der Erregungskurve und bewusste Selbstbefriedigung.

Das traditionelle Tantra hingegen konzentriert sich in erster Linie auf die Erweckung und Kultivierung der Kundalini-Energie zur Verbesserung der Gesundheit und Stärkung der Vitalität sowie auf eine integre Lebensführung zur Verwirklichung des wahren göttlichen Potenzials des Menschen. Es kann auch sexuelle Praktiken beinhalten, aber diese Aspekte sind in der Regel fortgeschrittenen Praktizierenden vorbehalten und nicht in allen Linien des traditionellen Tantra zu finden.

Moderne Praktizierende kombinieren oft Elemente des Neotantra und des traditionellen Tantra, was zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der tantrischen Gemeinschaft führt. Traditionalisten betonen die Wichtigkeit, die Ursprünge der Techniken transparent zu machen und sicherzustellen, dass sie mit den alten Schriften übereinstimmen. Im Gegensatz dazu befürworten Modernisten einen evolutionären Ansatz, der das Tantra an zeitgenössische Kontexte anpasst.

Modernisierung des Tantra für die Bedürfnisse von heute

Ich sehe mich selbst als einen überzeugten Modernisten. Ich bin der Meinung, dass ein guter Lehrer derjenige ist, dem es gelingt, altes, dogmenbeladenes Wissen in die Gegenwart zu destillieren und es für die moderne Welt klar und zugänglich zu machen.

Deshalb unterstütze ich nachdrücklich die Notwendigkeit, die Lehren des Tantra ständig zu aktualisieren und weiterzuentwickeln. Man muss sich nur vor Augen halten, wie unterschiedlich der damalige und der heutige Kontext sind. Fortschritte in der Technologie, veränderte Lebensstile, angepasste Geschlechterrollen und neue Arten, Beziehungen zu leben, erfordern zweifellos eine veränderte Herangehensweise an den tantrischen Pfad.

Ich vertrete die Ansicht, dass wir in einer Zeit leben, in der wir danach streben sollten, uns von alten Doktrinen und engstirnigen Traditionen zu befreien und wertvolles Wissen allen zugänglich zu machen, die davon profitieren können.

“Authentisch berührt zu werden, bedeutet dass wir gesehen werden, dass wir gehört werden und dass wir geschätzt werden.”

Schlussfolgerung

Tantra wird oft als ein Weg missverstanden, der ausschließlich dem sexuellen Erwachen dient. Es ist jedoch weit mehr als das. Tantra ist eine umfassende spirituelle Lehre. Es kann uns einen einzigartigen Weg zur Selbstverwirklichung und Befreiung offenbaren, indem es uns lehrt das Leben in Achtsamkeit und Dankbarkeit in allen Facetten des Seins zu erfahren und zu genießen.

Im 21. Jahrhundert ermöglicht die Synthese klassischer und moderner Ansätze des Tantra dem Einzelnen, sein transformatives Potenzial im Kontext seines Lebens zu erforschen und eine Brücke zwischen der Weisheit der Vergangenheit und den Realitäten der Gegenwart zu schlagen.

© 2024 Philipp S. Mutschler

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